Predigt Peter
Weihnachten 2024
„Dieses Jahr ist Weihnachten bei uns in Magdeburg gelaufen, und ich denke nicht nur hier,“ sagte jemand nach den schrecklichen Ereignissen auf dem Weihnachtsmarkt.
Wie ist das bei Ihnen, bei mir? Ist Weihnachten gelaufen? Oder verdrängen Sie einfach für ein paar Stunden, was da geschehen ist, um sich so der bei uns üblichen Weihnachtsidylle mit Familie, Freundinnen und Freunden und Bekannten hinzugeben?
Mir selbst gab der vergangene Freitag wieder mal einen Ruck in Herz und Verstand: Komm endlich an in dieser Welt, wie sie nun einmal ist. Wenn du die letzten mehr als sechzig Jahre zurückdenkst, dann war diese Zeit im Gesamt der Weltgeschichte eine Ausnahmezeit, geprägt durch viel Frieden und Wohlstand. Gerade Weihnachten soll dich aber nicht drüber hinwegtäuschen: Menschen können wunderbar sein, voller Liebe und Hilfsbereitschaft, ein wahres Geschenk füreinander und für Gott; Menschen können aber auch wie Bestien übereinander herfallen, sich das Leben zur Hölle machen. Beides finden wir in dieser Welt, und ich wage es ganz ungeschützt zu sagen: In jedem Menschen gibt es Beides. Mal in ausgeprägter Form, mal in abgeschwächter Weise. So ist diese Welt, so sind wir Menschen.
Ich feiere trotzdem Weihnachten. Und ich möchte mich da auch nicht flüchten aus der Wirklichkeit. Sie ist so und wird wohl auch noch einige Zeit so bleiben, aber Weihnachten hilft mir das auszuhalten. Das Fest hilft mir durch den, dessen Geburtsfest wir an diesem Fest feiern, durch Jesus Christus, in dieser Welt anzukommen, wie sie ist. Und schon deshalb hat er es verdient, das Fest zu feiern.
Dieser Jesus hatte einen Blick für das Schöne und Gute auf dieser Welt und im Menschen. Er hatte einen Blick für die Schönheit der Natur, jeder einzelnen Blume und für das Wunderbare des vielfältigen Wachstum von Getreide, Sträuchern und Bäumen. Und wenn es dran war, konnte Jesus feiern, bei der Hochzeit zu Kana zum Beispiel. Ja, er konnte so feiern, dass manche ihn einen Fresser und Säufer nannten.
Aber Jesus hatte auch einen Blick für die andere Seite dieser Welt und des Menschen. Wie sehr das Ungute und Böse im Menschen stecken und sich austoben kann, in jedem Menschen, muss man heute dazu sagen, nicht nur im anderen. Bei den anderen haben wir heute einen guten Blick. Zum Bösen in uns zu stehen, fällt schwer. Jesus nicht. Wie kaum ein anderer sprach er das an, machte Mut, dazu zu stehen, weil er um seinen Gott wusste, der dem Menschen trotz allem Würde und Freiheit nicht nahm und nimmt. Barmherzigkeit war und ist seine wichtigste Eigenschaft. Und das auch, obwohl Jesus die Heillosigkeit dieser Welt schon früh zu spüren bekam, auch das ist ja Weihnachten: Diese Welt hatte keinen menschenwürdigen Platz für seine Geburt, keimfrei war es da schon gar nicht. Und schon früh trachtete man ihm nach dem Leben. Er floh mit der ganzen Familie nach Ägypten. Man kann von Jesus wahrlich nicht sagen: Er habe nichts erlebt.
Aber – und das macht ihn für unsere heutige Zeit so wichtig: Er glaubte fest daran, dass wir Menschen mit dem Gott der Liebe auch menschlich weiterkommen können. Wir meinen immer wieder, wir könnten es allein, besonders nach einem Krieg sagen Menschen immer wieder: Das wird uns nicht noch einmal passieren. Und dann ist es bisher doch immer wieder passiert. Wenn die Lebensangst in uns Menschen überhandnimmt, sind wir zu jeder Zeit zu allem fähig.
Unser heutiges Geburtstagskind wusste darum und kämpfte dafür, dass wir doch unsere bösen Spiele lassen sollten und könnten angesichts eines Gottes, der bedingungslos liebt und vergibt, und uns das Leben gönnt und alle Momente, in denen wir es genießen können. Der aber auch anspricht, was Leben stört und zerstört, damit wir den Blick dafür nicht verlieren und allem Bösen von vorneherein wehren. Es wird der Tag kommen, an dem er uns einmal für immer einladen wird zu einem Leben in Fülle, zum ewigen Hochzeitsmahl, wo einmal sein wird, was wir uns gerade an Weihnachten wünschen: gute Gemeinschaft, in der wir einander nicht nur etwas schenken, sondern uns selbst Geschenk sind.
Ja, zusammenfassend möchte ich Ihnen mir an diesem Weihnachten wünschen: Komm an in dieser Welt, wie sie ist, so, wie Jesus in diese Welt kam, wie sie ist. Steh zu allem, was sie bietet, was auch dein Herz bietet, an Gutem und Bösem. Lass dir Jesu und Gottes Vision von einer besseren, guten Welt niemals rauben, gleichgültig wie nahe oder weit weg von dir und deinem Herzen sich Ungutes abspielt. Er wird als Erwachsener seine Vision mit dem irdischen Leben bezahlen, aber nicht mit dem ewigen. Man nennt ihn mit den Worten des Jesaja sogar Fürst des Friedens.
Weihnachten 2024
Liebe Leserinnen und Leser!
Ich nehme an, Sie haben es auch in der Zeitung gelesen oder im Fernsehen gesehen: In einer bekannten Automobilfirma werden Arbeiterinnen und Arbeiter nicht weiter beschäftigt bzw. entlassen. Von oben herab ist entschieden: So viele Arbeitsplätze müssen weg, so viele Firmen müssen wir schließen. Von oben herab ist alles entschieden, auch wenn es vielleicht noch ein wenig gelindert wird.
Auch wenn wir selbst nicht betroffen sind: Ein wenig können wir uns einfühlen, denn wir alle haben es schon einmal erlebt: Von oben herab wird über dich entschieden. Du wirst nicht gefragt, ob dir das recht ist oder nicht, nicht einmal gehört wirst du. Es ist erniedrigend, dieses Gefühl: Du kommst dir vor wie der letzte Abschaum, ohnmächtig und hilflos fremden Mächten ausgeliefert. So ist das, wenn alles von oben herab entschieden wird, du nicht gefragt wirst, ja nicht gefragt bist.
So ungewohnt es klingt: Weihnachten ist auch das Fest „Von oben herab“. „Vom Himmel hoch, da komm ich her,“ singt der Engel in einem uns bekannten Weihnachtslied. Aber wenn es dann um den geht, dessentwegen es Weihnachten gibt, dann kommt Bewegung in das „Von oben herab“. Dann ist das „herab“ nicht mehr das Wort, das ihn oben und uns weit unten platziert, dann ist es plötzlich das Wort, das die Richtung seiner Bewegung anzeigt. Dann heißt das in der Umschreibung: „Christus, der Heiland, stieg zu uns hernieder“. „Sehet dies Wunder, wie tief sich der Höchste hier beuget“, werden wir aufgefordert von einem Liedschreiber, der sehr wohl das andere „Von oben herab“ kennt. „Dich wahren Gott ich finde in meinem Fleisch und Blut“. Fleisch und Blut, irdische Wirklichkeit wird Gottes Sohn in Jesus Christus. Tiefer geht es für einen Gott nicht mehr als hinein in diese unsere menschliche Wirklichkeit.
Bei diesem „Von oben herab“ geht es nicht um Profitsteigerung, da geht es um Solidarität bis ins Letzte. Da lesen wir nicht mehr in einem Brief am schwarzen Brett, worum es dem da oben geht. Da sagt er es uns von Angesicht zu Angesicht. Da hast du nicht mehr das Gefühl, der da oben hat´s gut, er braucht sich die Hände nicht schmutzig zu machen, nein, er packt selbst mit an. Da weißt du: Der setzt sich nicht ab, wenn es brenzlig wird, nein, der hält mit uns aus und durch, selbst wenn´s blutiger Ernst wird am Marterpfahl des Kreuzes. Da bringt nicht einfach einer sein Schäfchen ins Trockene, nein, da lässt einer neunundneunzig Schafe im Trockenen, um da draußen eines zu suchen, das sich weiß Gott wo verirrt hat.
Eine Schwachstelle freilich hat seine Art des „Von oben herab“: Sie ist riskant, weil sie menschliche Freiheit ganz und gar ernst nimmt. Sie zwingt nicht. Sie wirbt. Und das nicht nur bei Wirtschaftsbossen und Mächtigen. „Menschenkind, die Entscheidung kann ich dir nicht abnehmen: Welche Art bevorzugst du?“ Diese Frage geht an uns alle, sie ist an alle gerichtet, die irgendwo oben stehen und Verantwortung tragen bis hinein in die Familien. Wir mögen´s normalerweise nicht, wenn andere uns „von oben herab“ anschauen. Allzu schnell vergessen wir, wie groß die Gefahr in uns selbst ist. Nicht umsonst wird uns der erwachsene Jesus verbieten, zu herrschen und zu richten.
Danke Herr, dass du „von oben herab“ in unser Menschenleben eingetreten bist. Du hast uns eine Richtung gezeigt, die bei weitem nicht immer die unsere ist. Möge das Fest deiner Geburt, deines „Von oben herab“ in unser Leben, das Fest deiner Menschwerdung uns ermutigen, uns selbst immer wieder in diese deine Richtung mit hinein nehmen zu lassen.
Ich wünsche uns allen eine gesegnete Adventszeit und ein frohes Weihnachtsfest, alles Gute und viel Segen für 2025.
Peter Nirmaier, Präses
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